2018 erklärten ihn viele für verrückt, als Daniel Samuel seinen gutbezahlten Job als Diplomingenieur bei einem großen Dienstleister aufgab, um sich den Traum vom eigenen Spielzeugladen zu verwirklichen. Nur anderthalb Jahre später hätten die Kritiker mit ihren „Das wird eh nix”-Prophezeiungen fast recht behalten. Denn nach dem verheißungsvollen Start des Geschäftes am Prenzlauer Turmcarré riss die Coronakrise dem Prenzlauer fast die Beine weg. „Es trat das ein, was ich nie für möglich gehalten hätte”, bilanziert der 36-Jährige am 1. September 2020, dem zweiten Geburtstag seines „Babys”: "Über Nacht hatte ich keine Einkünfte mehr, nur noch Ausgaben.” Weder in seiner Heimatstadt noch im 60 Kilometer entfernten Neubrandenburg, wo der Familienvater im Herbst davor noch 400 Quadratmeter Ladenfläche in einem Einkaufscenter übernommen hatte, klingelten die Kassen.
Fantis Spielwelt
Vier Wochen lang hing das „Geschlossen”-Schild vor beiden „Fantis Spielwelten”. „Das war schon ein herber Schlag, zumal in den Discountern und Warenhäusern, die öffnen durften, ja weiter unser Sortiment über den Ladentisch ging”, resümiert der Chef von insgesamt elf Angestellten. Sicher habe es fürs Personal das Instrument Kurzarbeitergeld gegeben, erzählt der Geschäftsmann: „Was einem aber keiner gesagt hat, war, dass man den Lohn zunächst vorschießen musste. Der Staat zahlte irgendwann zurück. Bei mir hat das ewig gedauert.” Auch die Soforthilfe kam, doch die sei nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen, schätzt Daniel Samuel ein.
Miete geschenkt
Zum Glück habe ihm sein Prenzlauer Vermieter einen Monat geschenkt, auch im Center sei man ihm entgegengekommen, stellt der Kreisstädter lobend heraus. Ohne seine Familie und seinen Freundeskreis hätte er es trotzdem nicht geschafft, räumt der Selbstständige ein, die stockten sein Kapital auf. „Auch Lieferanten stundeten Rechnungen, aber das war schließlich nur aufgeschobene Verbindlichkeit, das Geld musste trotzdem bezahlt werden.” Erschwerend hinzu kam in dieser Phase, dass auch seine Frau mit einer Ergotherapiepraxis selbstständig ist.
„Hier gab es ebenfalls eine Zwangspause, weil kein Desinfektionsmittel zu bekommen war”, blickt der Vater von zwei Kindern (2 und 4) auf die schwere Zeit zurück. Langsam normalisiert sich die Lage wieder. „Aber gut ist anders”, gesteht er realistisch ein. Man merke, dass viele Leute nach wie vor Angst hätten, einkaufen zu gehen beziehungsweise durch die Maskenpflicht davon abgehalten würden oder noch sparsamer seien. „Gewinner der Coronakrise ist zweifelsfrei der Onlinehandel”, sagt Daniel Samuel, der zwar einen Lieferdienst anbietet, aber keinen Onlineshop betreibt.
Loyalität wichtig
Nicht, weil er das nicht kann, „sondern weil ich glaube, dass Kinder Spielzeugläden brauchen. Sie müssen ins Geschäft gehen können, Dinge anfassen und ausprobieren.” Damit das so bleibt, hofft der Unternehmer, dass noch mehr Uckermärker Loyalität beweisen und ihren Geschäften vor Ort die Treue halten – „sonst gibt es irgendwann keine kleinen Läden mehr.” Das erste Spielzeug, das nach der Zwangspause bei ihm über den Ladentisch ging, war übrigens ein kleines Schleich-Pferd, ein Vierbeiner, den ein kleiner Junge zuvor eine gefühlte Ewigkeit staunend in den Händen gehalten hatte...
September 01, 2020 at 11:00PM
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Das erste Schleich-Pferd nach der Zwangspause - Nordkurier
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Pferd
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